10. Fragen und Antworten zur Stiefkind-Adoption

Fragen kostet nichts. Und unsere Antworten kosten auch nichts.

Wie in unserem Kontaktformular versprochen, hier die wichtigsten Fragen unserer Leserinnen und Leser inklusive unserer Antworten. Bitte beachten Sie, dass die Antworten nach bestem Wissen und Gewissen entstanden sind, und auch durch mindestens ein gerichtliches Urteil oder die Gesetzestexte gedeckt werden. Eine Garantie auf die Anwendbarkeit zu jedem Zeitpunkt und für jede Situation können wir aber trotzdem nicht geben. Alle Fragen wurden auf das Wesentliche reduziert und anonymisiert.

Für eine normale Adoption, also das Annehmen eines bis dahin vollkommen fremden Kindes müssen Sie auf alle Fälle zuerst zum Jugendamt. Nur das kann Ihnen sagen, welche Adoptionsvermittlungsstellen für Sie zuständig sind. In manchen Fällen hat der Gesetzgeber auch eine Zwangs-Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstelle vorausgesetzt.

Wenn Sie aber ein Stiefkind adoptieren, wissen Sie ja schon, – salopp ausgedrückt – welches Kind es sein soll. Dann dreht sich alles um das Kind, das Ihr Partner oder Ihre Partnerin in die Ehe mitgebracht hat. Dann brauchen Sie keine Adoptionsvermittlungsstelle und auch kein Jugendamt. Das wird vom Amtsgericht im weiteren Verlauf automatisch eingeschaltet.

Nein, das kann er nicht. Sobald er seine Einwilligung beim Notar unterschrieben hat, ist er daran gebunden. Er „erhält sein Kind zurück“, wenn das Gericht die Stiefkindadoption ablehnt, was aber nur extrem selten passieren dürfte, oder wenn die Stiefkindadoption länger als drei Jahre dauert, was wir uns aber nicht vorstellen können.

Ab der Einwilligung beim Notar wird die Unterhaltsverpflichtung ausgesetzt, ab diesem Zeitpunkt muss er keinen Unterhalt mehr zahlen. Scheitert die Stiefkindadoption, ist er theoretisch sogar rückwirkend unterhaltspflichtig, wir kennen aber keinen solchen Fall.

Leider steht in vielen Internetforen entsetzlich viel Quatsch zu diesem Thema. Bei der Adoption eines fremden Kindes muss einer der beiden Eheleute mindestens 25 und der andere mindestens 21 Jahre alt sein. Bei einer Stiefkindadoption muss der Annehmende mindestens 21 Jahre alt sein (BGB § 1743, Absatz 3). Ein Mindestalter für das Elternteil, das das Kind mitbringt, gibt es nicht.
Ein Höchstalter sowohl für Stiefkindadoptionen als auch für normale Adoptionen wird ausdrücklich nicht vom BGB vorgegeben. Das Alter des Annehmenden fließt aber in die Bewertung des Jugendamtes mit ein. Für die Adoption eines Kleinkinds sollte der Annehmende noch die erforderliche Frische (in jeder Hinsicht) haben, während für die Adoption eines Fünfzehnjährigen (um die Familienbande zu vervollkommnen etc.) auch ein deutlich älterer Annehmender in Frage kommt. Im Regelfall darf oder sollte der Annehmende eine Generation älter sein als das Kind. Eine Generation wird normalerweise als 25 bis 40 Jahre definiert, aber hier sind sicher auch Ausnahmen nach oben oder unten möglich.

Falls Sie das Einverständnis des leiblichen Vaters nicht erbringen können oder wollen, wendet sich das Gericht an ihn.
Insbesondere, wenn Sie den Aufenthaltsort des leiblichen Vaters gar nicht kennen, ist das der einzige mögliche Ablauf. Falls Sie den Aufenthaltsort des leiblichen Vaters kennen, kümmern Sie sich selbst um seine Zustimmung, das spart viel Zeit!

Nochmals, weil sehr wichtig: Sie gewinnen unheimlich viel Zeit, wenn Sie selbst seine Einwilligung einholen.

  1. Falls der leibliche Vater dem Kind bisher ein guter Elternteil war, haben Sie offen gesagt keine Chance, dass das Gericht seine Zustimmung ersetzt. In diesem Fall werden Sie sich daran gewöhnen müssen, als Patchworkfamilie ohne adoptiertes Stiefkind zu leben.
  2. Wenn er sich nicht um das Kind kümmert, aber mehr oder weniger regelmäßig zahlt, wird er die finanzielle Verpflichtung gerne abgeben.
  3. Wenn er sich nicht kümmert und auch keinen Unterhalt zahlt, sollte Sie der erste Schritt zum Anwalt führen, der gegenüber dem säumigen Kindesvater alle Möglichkeiten der Schuldeneintreibung nutzen soll. Eigentlich müsste dieser Weg dann zum Einverständnis des leiblichen Vaters führen. Wenn er nur nicht einwilligt, um Sie zu ärgern, oder weil er Ihnen generell nicht antwortet, kümmert sich das Amtsgericht um ihn. Gegebenenfalls kommt auch die Ersetzung der Einwilligung nach § 1748 BGB in Frage.

Hier hilft § 1747 Absatz 4 BGB. Danach kann von der Einwilligung des leiblichen Vaters abgesehen werden, wenn sein Aufenthaltsort dauerhaft unbekannt ist. Das Gericht gibt sich aber nicht damit zufrieden, dass Sie sagen, Sie hätten den leiblichen Vater nicht erreicht.
Es beauftragt in diesen Fällen die Jugendämter mit Nachforschungen. Dann werden – gegebenenfalls über andere Jugendämter – Nachbarn oder Verwandte befragt, bei Einwohnermeldeämtern geforscht, bei Ausländern auch im Ausländerzentralregister in Köln oder im Herkunftsland selbst. Diese Ermittlungen dauern mindestens sechs Monate und müssen vom Jugendamt genau dokumentiert werden. Erst dann geht das Gericht von einem dauernd unbekannten Aufenthalt aus und verzichtet auf die Einwilligung des leiblichen Vaters.
Davon zu unterscheiden ist der § 1748 BGB: Dieser Paragraph regelt, wann das Gericht die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen kann. Hier gibt es unter anderem die Kriterien „wegen Gleichgültigkeit“ oder „wenn die Pflichtverletzung (gegenüber dem Kind) besonders schwer ist“. In die letzte Kategorie fallen beispielsweise Misshandlungen des Kindes.

Der einfachste Fall der Stiefkind-Adoption ist sicherlich, dass das Kind den Annehmenden als Papa kennt und zum leiblichen Vater keinen Kontakt hat. Trotzdem besteht das Jugendamt in den meisten Fällen darauf, dass dem Kind die Situation erklärt wird: Dass es „adoptiert“ wird, dass es noch einen „leiblichen Vater“ hat etc.
Persönlich halte ich das bei einem Kleinkind für überflüssig und kontraproduktiv, denn wie will man einem beispielsweise sechsjährigen Kind erklären, dass die Mutter mal Sex hatte mit jemandem, der sich noch vor der ersten Morgenübelkeit aus dem Staub gemacht hat, dass es den „leiblichen Papa“ gar nicht kennt und dass dieser auch nichts von ihm wissen will.
Wir haben das so gelöst, dass wir unserer Tochter erklärt haben, dass die Mama den Annehmenden, den Papa, erst kennen gelernt hat, als sie 13 Monate alt war. Und dass die Mama vorher einen anderen Freund mit Namen x hatte, der jetzt aber nicht mehr da wäre. Für die wirklichen biologischen Zusammenhänge ist auch eine Sechsjährige noch zu klein.

Bereits erwähnt haben wir Versuche, mit einer Stiefkind-Adoption die Regeln der Ausländergesetzgebung zu umgehen. Was Jugendämter ebenfalls hassen sind sachfremde Motive, die Sie deswegen keinesfalls auch nur erwähnen sollten:

  • Die Adoption war eine Bedingung für die Eheschließung: Die Frau hätte den Mann nie geheiratet, wenn er sich nicht irgendwie verpflichtet hätte, das Kind dann zu adoptieren. Alternativ: Die Frau will sich wieder scheiden lassen, wenn der Mann sein Stiefkind nicht adoptiert.
  • Der Annehmende will die Adoption nur, um dem Ehepartner einen Gefallen zu tun.
  • Durch die Adoption will man den leiblichen Vater aus der Patchworkfamilie werfen. Die Adoption soll ihn seiner Rechte als leiblicher Vater berauben.

Die besten Gründe für eine Stiefkind-Adoption sind demnach:

  • Zum anderen Elternteil besteht mindestens seit mehreren Jahren kein Kontakt. Man will das Kind nicht ohne „Papa“ aufwachsen lassen.
  • Man liebt das Stiefkind genauso wie ein leibliches Kind. Die Adoption soll das nur „dokumentieren“.
  • Das Kind sieht den Stiefvater bereits als Papa, so dass sich im Endeffekt gar nichts ändert.

Im Regelfall wird eine Stiefkind-Adoption alle drei Gründe haben. Wenn nicht zwei oder alle drei bei Ihnen zutreffen, läuft sowieso was schief.

Die Stiefkind-Adoption setzt voraus, dass es sich wirklich um ein Stiefkind handelt. Und das wird ein Kind nur, wenn man mit der Mutter oder dem Vater verheiratet ist. In einem uns bekannten Fall hat sich der Notar geweigert, mangels dieser Voraussetzung die entsprechenden Urkunden aufzusetzen, was wir auch durchaus nachvollziehen können. Nur wenn der Heiratstermin extrem nah liegt, wäre es denkbar, die entsprechenden Formalitäten zu beginnen. Starten würden wir auch in diesem Fall mit der Einverständniserklärung des leiblichen Vaters, des aufgebenden Elternteils.

Nein, eine Stiefkind-Adoption ist hier nicht notwendig. Mittlerweile kommt es ja sehr oft vor, dass ein unverheiratetes Paar ein oder mehrere Kinder bekommt und dann erst heiratet. Der Vater muss nur vor oder nach der Geburt beim zuständigen Standesamt die Vaterschaft anerkennen. Dazu müssen er und die Mutter dort vorsprechen. Im Regelfall wird man auch das gemeinsame Sorgerecht eintragen lassen, das müssen Sie nach der Anerkennung der Vaterschaft beim örtlich zuständigen Jugendamt machen. Beide Vorgänge dauern jeweils nur wenige Minuten und sind kostenlos.

Die Zahl der erfolgreichen Adoptionen nimmt seit 1993 wieder stetig ab. Vor 17 Jahren wurden noch 8.687 Personen adoptiert, im Jahr 2009 waren es nur noch 3.888 und 2015 waren es noch 3.812. Davon waren immerhin 2.319 Stiefkind-Adoptionen und 131 Adoptionen innerhalb des Verwandtenkreises, beispielsweise nach dem Tod beider Eltern. „Klassische“ Adoptionen eines fremden Kindes gab es nur 1.362. An dieser Zahl sieht man, dass Adoptionen insgesamt recht selten sind.
Die Altersverteilung adoptierter Kinder:

0, 1 und 2 Jahre: 30 Prozent
3 bis 5 Jahre: 15 Prozent
6 bis 8 Jahre: 15 Prozent
9 bis 11 Jahre: 15 Prozent
12 bis 17 Jahre: 25 Prozent
Für normale Adoptionen waren im Jahr 2009 exakt 818 Kinder und Jugendliche „freigegeben“, während 7139 Adoptionsbewerbungen vorlagen. Die Chancen auf eine normale Adoption sind also nach wie vor gering. Bei Stiefkindadoptionen gibt es diese ungleiche Verteilung natürlich nicht.

Aktuelle Zahlen aus 2021:
Es gab genau 3843 Adoptionen in Deutschland. Exakt zwei Drittel davon waren Stiefkindadoptionen. Das Statistische Bundesamt hat mitgeteilt, dass dabei das adoptierte Kind immer jünger wird: Waren 2011 nur 6 % der Kinder unter 3 Jahren alt, sind es 2021 schon 27 % gewesen.

Diese Frage wurde uns tatsächlich so gestellt – in einem sehr unverschämten und anklagenden Ton. Diese Email hat uns ehrlich gesagt schon ein wenig betroffen gemacht.

Wir sind auf gar keinen Fall homophob. Für alle, die eine Stiefkindadoption planen, soll diese Seite eine Hilfe sein. Wir haben aber nur den klassischen Fall einer Stiefkindadoption in einer herkömmlichen Ehe kennengelernt und können deswegen auch nur dazu etwas sagen. Viele der hier geschilderten Erfahrungen und Informationen sind sicher übertragbar auf eine Stiefkindadoption in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, aber wahrscheinlich nicht alle.